Widersinnige S 4-Planung
Hamburg, den 15.01.2021
Sehr geehrte Damen und Herren!
Wie Sie wissen, ziehen viele Kläger vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass es andere effizientere und kostengünstigere Möglichkeiten gibt, die Planung der S 4 (Ost) zu gestalten. Die Ursache langer Verfahren sind nicht die Klagen der Bürger, sondern die von der Politik vorgesehenen katastrophalen Planungsziele. Entgegen Herrn C. Ploss (CDU MdB und Mitglied im Verkehrsausschuss Berlin) müssen die Bürger weiterhin das Recht auf Klagen behalten und dürfen nicht in ihren Rechten beschnitten werden.
Insbesondere bei der S 4 hat die Projektgruppe der DB Netz AG einfach angefangen zu planen, ohne sich nach einem Fahrplan zu richten. Man kann nicht alle Züge auf die Schiene schicken, irgendwo kommt es dann zum Stau vgl. PF 1 Horner Kurve.
Ursprünglich sollte der Fehmarn-Belt-Verkehr über die beiden Strecken Lübeck-Bad Kleinen und Lübeck-Lüneburg laufen, beide sind im Bundesverkehrswegeplan vermerkt, bis ein „Wink“ aus der Hansestadt Hamburg kam, die Planung LübeckLüneburg zu Gunsten der „S 4 zurückzustellen“. Hintergrund ist, dass mit der Verlegung des Güterverkehrs mitten durch Hamburg auf die Trasse Lübeck-Ahrensburg-Hamburg die schon lange gewünschte S 4 plötzlich finanzierbar war. Dies war eindeutig eine politische Entscheidung, seitdem steht diese Planung unter dem Motto „politisch gewollt, koste es was es wolle“. Von Anfang an war die S 4 eine Mogelpackung, denn nur mit den zwei neuen Gleisen für den EUGüterschwertransport konnte die S 4 überhaupt finanziert werden. Welcher Bürgermeister eines europäischen Landes lässt schon aus Rücksicht auf seine Bürger eine Gütermagistrale durch seine Großstadt bauen, wenn es eine Alternative gibt? Die S 4 kann auf den bereits vorhandenen Gleisen fahren, wenn die Güterzüge aus den Wohngebieten ferngehalten werden.
Jetzt hat die DB Netz AG 21 Schienenwege in Deutschland für überlastet erklärt (vgl. Quelle DB Netz AG. Stand Dezember 2020), darunter die Verbindung Hamburg-Harburg mit den Elbbrücken. Diese Strecke kann keine zusätzlichen Züge mehr aufnehmen. Damit können die vielen vorgesehenen Züge von der Fehmarn-Belt-Querung den Rangierbahnhof Maschen gar nicht erreichen. Dafür geht dann nur die Strecke Lübeck-Lüneburg, um die Güterzüge zum so wichtigen Rangierbahnhof Maschen zu bringen.
Da die über 150 Jahre alte Bahn-Strecke Hamburg-Lübeck keine höheren Geschwindigkeiten zulässt, erzwingt der für die Zukunft so wichtige Deutschlandtakt eine schnellere Strecke, beispielsweise an der A1, zwischen den im Norden wichtigsten Hansestädten Hamburg und Lübeck. Diese moderne Alternativ-Strecke wäre dann auch leistungsfähig genug, um die prognostizierten Steigerungen des Güterverkehrs zu bewältigen und zur dringend notwendigen Entlastung des Knoten Hamburgs den Güterverkehr an diesem vorbei direkt zum Rangierzentrum Maschen zu leiten.
Zum anderen wird mit einem viergleisigen Ausbau und einer zweigleisigen Horner Kurve die Strecke Lübeck-Hamburg völlig überfordert, sie ist zusammen mit der Güterumgehungsbahn ein gravierender Schwachpunkt der jetzigen Planung.
Wir dürfen auch alle nicht, vor allem die DB Netz AG und das EBA, die Augen verschließen, dass die seinerzeit strategisch wichtige Strecke Hamburg-Lübeck nach Ende des Krieges von den Engländern mit einem Bombenteppich belegt wurde, sie gilt somit als Verdachtsfläche von Blindgängern und bedarf zum Schutz der Bevölkerung einer sorgfältigen Prüfung auf jedem Meter, bevor mit Bau- und Rammarbeiten begonnen werden kann.
Viele Grüße
Claus-Peter Schmidt
1.Vorsitzender
Auf dem falschen Gleis
Warum die S4-Planung durch den Deutschlandtakt überholt ist
Die ersten Überlegungen zur S4 wurden um die Jahrtausendwende geboren und die ersten Planungen zur Fehmarn-Belt-Querung gab es einige Jahre später. In diesen Zeiten führte Hartmut Mehdorn die Deutsche Bahn AG in einen bislang noch nie da gewesenen Schrumpfungsprozess. Schließlich wollte man die Bahn an die Börse bringen und ging noch von sinkenden Fahrgastzahlen aus. Dementsprechend spartanisch und wenig zukunftsweisend fiel die Planung zur S4 und zum Ausbau der Strecke Hamburg–Lübeck aus, die am 09.08.2016, also vor über vier Jahren, beim Eisenbahnbundesamt zur Prüfung eingereicht wurde.
Zwei Jahre danach wurde der Deutschlandtakt politisch vorgegeben und von da ab war die vorliegende S4-Planung veraltet. Denn bis zum Jahre 2030 sollen die Fahrgastzahlen verdoppelt werden und mindestens 25 Prozent mehr Güterverkehr auf die Schiene kommen. Die nachstehenden Forderungen beweisen diese Zielstellung, der die S4-Planung aus dem Jahre 2016 nicht einmal im Ansatz gerecht werden kann.
Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
„Wir bringen zusätzliche Schienenprojekte aufs Gleis, die ein echter Gewinn für das gesamte Schienennetz und die Regionen sind. Mit ihnen beseitigen wir Engpässe, schaffen mehr Kapazitäten und stellen die Infrastruktur für den Deutschlandtakt bereit. Unsere Ziele: kürzere Fahrzeiten und bessere Verbindungen, auch in den Metropolregionen. Wir gehen damit einen weiteren Riesenschritt hin zu einer pünktlicheren und verlässlicheren Bahn und zum Wow-Effekt auf der Schiene.“
Dr. Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG:
„Der Deutschlandtakt ist ein ,Game-Changer‘ für unser Eisenbahnsystem. Alle Verkehre werden deutschlandweit in einen Takt gebracht. Die Kunden im Personen- und Güterver-kehr gewinnen durch schnellere, häufigere und bessere Verbindungen. Und das Beste: Schon in den nächsten Jahren wird es spürbare erste Schritte in Richtung Zielfahrplan geben!“
Die Arbeitsgemeinschaft Deutschlandtakt erläutert dazu die Zusammenhänge:
„Ein Fahrplan für ein ganzes Land. Öfter. Schneller. Überall. Mit dem Deutschlandtakt: Einem abgestimmten Zugfahrplan für das ganze Land. Für Personen- und Güterverkehr. Für Stadt und Land. Für Wirtschaft und Umwelt.
Bereits in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre werden in den großen deutschen Städten alle 30 Minuten Fernverkehrszüge ankommen – und das immer um dieselbe Zeit. Die Verbindungen im Regionalverkehr werden perfekt an die Taktung der Knotenpunkte angepasst. Das bringt Vorteile: Mehr Züge, bessere Anschlüsse, kürzere Reisezeiten.
Medienmitteilung Jetzt gilt: Erst der Fahrplan, dann die dafür passende Infrastruktur. Beispielsweise muss beim üblichen Stundentakt die Fahrzeit zwischen zwei Knoten immer ein Vielfaches von 30 Minuten, also 30, 60 oder 90 Minuten betragen. Ansonsten begegnen sich die Züge auf der freien Strecke und nicht in den Knoten. Erst wenn die Fahrzeiten durch den Infrastrukturausbau entsprechend verkürzt und damit die Anschlüsse „synchronisiert“ werden, entsteht der Deutschlandtakt mit seinen Taktknoten.“
Die Konsequenz
Der politischen Vorgabe des Deutschlandtaktes muss entsprochen werden:
Erst der Fahrplan und dann die dafür passende Infrastruktur!
Die aktuelle S4-Planung beweist sich in diesem Zusammenhang als untauglich und veraltet. Denn die schnellste Fahrt zwischen Hamburg und Lübeck dauert mit dem ICE 39 Minuten, länger als die nach dem Deutschlandtakt vorgeschriebenen 30 Minuten. Da die über 150 Jahre alte Bahnstrecke keine höheren Geschwindigkeiten zulässt, erzwingt der für die Zukunft so wichtige Deutschlandtakt eine schnellere Strecke, beispielsweise entlang der Autobahn A1, zwischen den im Norden wichtigsten Hansestädten Hamburg und Lübeck.
Diese moderne Alternativstrecke wäre dann auch leistungsfähig genug, neben dem schnellen ICE-Verkehr zwischen Deutschland und Skandinavien auch die prognostizierten Steigerungen des Güterverkehr zu bewältigen und zur dringend notwendigen Entlastung des Knoten Hamburgs den Güterverkehr an diesem vorbei direkt zum Rangierzentrum Maschen zu leiten.
Die heute bestehende, siedlungsnahe Bahntrasse ist dagegen geradezu prädestiniert, mit einem perfekt aufeinander abgestimmten Mix von Regionalexpresszügen und S-Bahnen in Hamburgs Osten sowie allen Unterwegshalten bis hin nach Lübeck bedeutend attraktivere Zukunft des Nahverkehrs nicht nur in Stormarn und Südostholstein einzuläuten. Dazu noch deutlich schneller als mit der S4-Planung umzusetzen.
Bahnfahren ist aktiver Klimaschutz
Um die Verkehrswende voranzutreiben, wurde von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer deshalb das „Zukunftsbündnis Schiene“ ins Leben gerufen – ein europaweit bisher einmaliger Zusammenschluss aus Politik, Wirtschaft und Verbänden.
Der neue Zielfahrplan Deutschlandtakt berücksichtigt dabei den Personen- und Güterverkehr gleichberechtigt. Die Engpässe im bundesweiten Personen- und Güterverkehr können damit genau identifiziert und der Aus- und Neubau des Schienennetzes mit dem Zielfahrplan abgestimmt und umgesetzt werden.
Fazit
Der lange vor dem Deutschlandtakt geplante S4-Ausbau mit seinen Planfeststellungsabschnitten 1 bis 3 kann zwangsläufig nicht auf diesen neuen Zielfahrplan abgestimmt sein. Demzufolge wäre die längst überholte S4-Planung ein nutzloser Fremdkörper im neuen System des Deutschlandtaktes und nicht zuletzt als unnütze Geldausgabe in der mittlerweile äußerst prekären Haushaltssituation abzulehnen.
Alle weiteren Informationen zum Deutschlandtakt: https://www.deutschlandtakt.de/
Viele Grüße
Claus-Peter Schmidt
1. Vorsitzender